Begleitet mich auf der Tour zu alternativen Kulturprojekten in der Bielefelder Innenstadt
1994 & 95 bin ich mehrmals nach Bielefeld gefahren – mein damaliger Freund wohnte hier – da sind wir immer von Osten gekommen. Das ist – sein wir mal freundlich – nicht gerade die schönste Seite von Bielefeld. Trotzdem bin ich 1995 wegen eines Jobangebots hierher gezogen und habe mich mehrmals gefragt, warum ich aus dem schönen Bremen in diese hässliche Stadt ziehe – in der offensichtlich nicht viel los sein kann. (Vorurteile? Ich?)
Manchmal kommt es anders...
ich hatte in den ersten Wochen sehr viel Zeit, meine neue Heimat zu erkunden. Nicht nur habe ich einige schöne Plätze in Bielefeld gefunden, auch die Natur ist hier überwältigend. Zu der Zeit war mir aber das kulturelle Leben am wichtigsten, besonders die Subkultur, von der ich auch in Bremen ein Teil war.
Auf dieser Tour möchte ich euch alt eingesessene aber auch einige neuere Projekte aus der alternativen Kulturszene von Bielefeld zeigen.
Autonom und selbstverwaltet Politik, Kultur & Pogo – ein Haus mit großer Bedeutung
Die erste Entdeckung war für mich damals das AJZ. Dort spielten die Bands, die ich in Bremen im Wehrschloss gesehen habe. Harter Untergrund.
Das Arbeiterjugendzentrum (AJZ) wurde in den 1970er Jahren gegründet um Jugendlichen einen eigenen Raum zu geben, in dem sie sich frei entfalten können. Nach einigen Anfangsschwierigkeit, die Toleranz in Bevölkerung & Politik war nicht sehr hoch, konnte der eingetragene Verein das Haus kaufen. Seitdem sind sie eines der wenigen autonomen und selbstverwalteten Projekte dieser Art in Deutschland.
Mehr als nur ein Veranstaltungsort
Das AJZ ist Konzerthalle, Treffpunkt, Werkstatt und Plattform für künstlerischen und politischen Austausch. Es gibt Raum für Workshops, soziale Projekte, Antifaschismus, Klimagerechtigkeit, Feminismus & mehr. Es gibt einen Infoladen, eine Fahrradwerkstatt und unzählige Initiativen, die sich hier regelmäßig treffen.
Auf der Bühne spielen lokale und internationale Underground-Bands, die hier das machen können, was sie lieben: frei spielen, ohne Kommerz.
Leben und Arbeiten, wo die Kunst wohnt
Inspiration und kreativer Austausch
in einer alten Papierfabrik.
Der nächste Halt auf unserer Tour wird Artists Unlimited sein. Als Künstlerkollektiv & kulturelles Zentrum kam es meinem Lebenstraum zu der Zeit sehr nahe. Leider konnte ich mit meiner Hündin Tierra nicht einziehen, da in der WG mit dem freien Zimmer schon eine Hündin lebte und somit der Stress vorprogrammiert gewesen wäre.
Artists Unlimited wurde im Jahr 1985 in einer ehemaligen Papierfabrik gegründet. Atelierflächen, Wohnräume und eine Galerie bieten viel Raum um gemeinsam zu leben, zu arbeiten und sich auszutauschen.
Wie künstlerischer und kultureller Austausch funktionieren kann
Derzeit leben und arbeiten etwa 30 Kreative in dem Haus. Der Verein vergibt Stipendien und lädt damit Künstler aus aller Welt für jeweils 3 Monate ein. Bisher haben schon über 90 Künstlerinnen an diesem Programm teilgenommen. Dadurch wird der künstlerische und kulturelle Austausch noch einmal auf eine ganz neue Art angeregt.
Seit 1987 hat die eigene Galerie mehr als 240 Ausstellungen veranstaltet, sie zeigen unterschiedliche Disziplinen und Themen. Nicht zu vergessen ist das jährliche Sommerfest im Hinterhof des Gebäudes – ein fester Bestandteil in der Veranstaltungskultur Bielefelds.
Artists Unlimited sind selbstverwaltet und legen großen Wert auf Nachhaltigkeit. Die Mitglieder gestalten die Location aktiv mit und kümmern sich gemeinsam um die Organisation und Entwicklung.
Arbeiten, Austauschen, Inspirieren
Das neue Kulturhaus – Raum für
Kreativität, Diversität und Respekt!
Das neueste Projekt auf dieser Tour. Ich habe erst vor kurzem von diesem Projekt erfahren und finde es sehr interessant, da man hier wirklich sehr erschwinglich Atelierraum anmieten kann und sich beim Arbeiten gegenseitig inspirieren kann.
Nach langen Verhandlungen und viel Unterstützung von allen Seiten wurde 2019 das Kulturhaus in der barrierefreien ehemaligen Fachhochschule eröffnet. Es herrscht schon lange Bedarf an Raum für die subkulturelle kreative Szene, die sich aus Mangel an finanziellen und räumlichen Möglichkeiten gar nicht richtig entfalten kann.
Neue Möglichkeiten
Die Initiative Kulturforum bietet Künstlern aller Disziplinen, aller Altersklassen und vielen verschiedenen Hintergründen einen Ort um sich auszutauschen, das eigene Potenzial zu entfalten und (interdisziplinar) miteinander zu arbeiten.
Der Inititive liegen soziale Themen wie Diversität, Empowerment und soziales Miteinander sehr am Herzen.
In der Planung sind verschiedene außergewöhnliche Veranstaltungen, die die Bielefelder Kulturszene aufmischen sollen.
Reflexion, Diskussion, Aktion
Das AlarmTheater in Bielefeld
bringt Themen auf die Bühne.
Das AlarmTheater wurde 1993 gegründet und hat sich seitdem als Freie Theaterstätte etabliert. Es steht für Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen wie Flucht, Rassismus, Integration, Demenz und Arbeitslosigkeit. Es werden Eigenproduktionen, Performances und kooperative Projekte mit Schulen, Präventionsstellen, Museen und sozialen Einrichtungen umgesetzt. Das AlarmTheater verbindet Kunst und sozialem Engagement
Wie man Brücken baut
Seit 2013 arbeiten sie verstärkt mit jungen Geflüchteten, die durch die Kunst neue Ausdrucks- und Verarbeitungsmöglichkeiten erhalten. Das AlarmTheater wurde mehrfach für seine innovativen Projekte ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Kinder- und Jugendkulturland NRW“-Preis und dem Goldenen Papageno des internationalen Papageno Awards.
Legendär! Von Punkrock bis Elektro –
DER Hotspot für echte Musikfans!
Das Forum Bielefeld, eines der bekanntesten Kultur- und Veranstaltungsorte der Region, hat eine lange Geschichte. Ursprünglich 1974 in der Kleinstadt Enger gegründet, startete es als Jazzclub im Keller einer alten Fabrik. Mit der Punkrock-Revolution der 80er-Jahre änderte sich die musikalische Ausrichtung, und das Forum entwickelte sich schnell zu einem Hotspot für Indie- und Rockkonzerte. Dort traten später weltberühmte Bands wie Nirvana, Green Day, und Queens of the Stone Age auf.
1999 zog das Forum nach Bielefeld in die historische Alte Bogefabrik. Das erste Konzert in der neuen Location war ein Auftritt von The Notwist. Seitdem hat sich das Forum in Bielefeld etabliert. Nach wie vor spielen dort hochkarätigen Bands, aber auch andere Veranstaltungen wie Partys, die von Indie-Rock bis Elektro und Soul reichen. Zusätzlich finden Lesungen, Comedy, Theater und sogar Wrestling-Events statt.
Das Forum wird ohne staatliche Förderung betrieben und hat sich seine Unabhängigkeit bewahrt, was den Veranstaltungsort auch zu einem wichtigen kulturellen Player in der Region macht
Comments